Einführungsrede Demo Bonn

Danke, dass ihr alle gekommen seid!

Sabine v. Thenen und ich Antonia Eiden sind seit kurzer Zeit Mitglied bei Eltern initiativ #Eltern in der Krise, eine Gruppe in Facebook, die sich durch die Not von Eltern für Eltern gebildet hat und innerhalb kürzester Zeit, denn gegründet wurde die Seite erst am 17. April, 10.000 Mitglieder bekommen hat!

Ich selbst bin Mutter einer 3 jährigen Tochter und bald hoffentlich von dem kleinen Wutz in meinem Bauch und selbstständig tätig. Natürlich ist mein Beruf nicht systemrelevant, umso wichtiger finde ich es, dass wir Eltern, besonders jetzt in der Corona-Krise eine Stimme und Lobby bekommen, damit man uns Eltern und Kinder hört! Und nicht mehr unter ferner liefen… Also, seht Euch die Initiative mal an.

Aber! wir stehen hier heute nicht nur für uns selbst, sondern vor allem stellvertretend für alle Eltern Deutschlands, ganz besonders natürlich auch für die 9500 Eltern, die sich unserer Gruppe Eltern initiativ #Eltern in der Krise schon angeschlossen haben. Aber besonders wollen wir heute unsere Stimmen erheben für alle Eltern und Kinder, die seit Wochen unter den Kontaktbeschränkungen leiden, die am Ende ihrer Kräfte sind, die die Doppel- und Dreifachbelastungen zwischen Kindern, Haushalt und Arbeit nicht mehr schaffen und deswegen ihren Kindern nicht mehr gerecht werden können. Die Alleinerziehend sind, die kranke Kinder oder selbst krank sind, die Geldsorgen haben, Kinder und Mütter in gewalttätigen Familien… Es ist verdammt schwer zugeben zu müssen, dass man überfordert ist, dass man sich als keine gute Mutter oder Vater empfindet… Allen diesen Eltern fühlen wir uns verbunden und wollen hier heute für sie sprechen!

Corona wird uns weiterhin begleiten, es wird nicht plötzlich wieder alles zum Status Quo zurückkehren können und 11,4 Mio Eltern und Familien können nicht, bis es einen Impfstoff gibt, allein gelassen werden mit ihren Nöten. Wir brauchen vernünftige Lösungen und Perspektiven und keine weiteren Vertröstungen, dass wir noch warten sollen, bis ein Impfstoff da ist oder dass ab September wahrscheinlich wieder ein eingeschränkter Regelbetrieb eingeführt werden soll. Ansonsten hat man unseren Kindern 2 Tage insgesamt im ganzen Juni als Besuch in der Kita eingeräumt. Das ist inakzeptabel. Fast ein Viertel der Bevölkerung wird somit völlig im Regen stehen gelassen, fast ohne Unterstützung. Die Generation von morgen – egal!

Deswegen lauten unsere Forderungen:

1) Eine vernünftige Öffnung der Kitas, Schulen und Betreuungseinrichtungen. Individualisierte Lösungen und Handlungsspielräume für einzelne Einrichtungen und keine pauschalisierten Verbote.

2) Weiterhin brauchen wir finanzielle Unterstützung und Förderungen für Eltern, damit sie die Betreuung ihrer Kinder auch gewährleisten können. Ein guter Vorschlag in der Richtung
kommt vom DIW, der in meinen Augen unterstützenswert ist. Bei Interesse könnt ihr Euch
nachher hier informieren.

Und 3) Die Wahrung der Kinderrechte, die ohne geregelte Betreuung durch Einrichtungen
nur bedingt gewährleistet ist, da Eltern nun mal selten ausgebildete Erzieher und Lehrer sind
und wenn dann auch unter der Doppelbelastung stehen.

Wir alle haben in den letzten Wochen gespürt, was es bedeutet plötzlich völlig ohne Hilfe
und Unterstützung dazustehen, aber gleichzeitig den Druck zu haben „normal“ funktionieren
zu müssen. Wir alle kennen die Geschichten, die dahinter stehen: Eltern, die um 5 Uhr
morgens aufstehen, um 3h zu arbeiten, dann das Kind versorgen, Mittagessen kochen, und
dazwischen versuchen Telefonkonferenzen zu führen, doch noch den einen oder anderen
Gedanken, Email usw, aufs Papier zu bringen, Abendessen kochen, Wäsche waschen,
aufräumen, Kind in´s Bett bringen, dann eigentlich nicht mehr zu können und trotzdem bis
23 Uhr noch zu arbeiten, um dann völlig erschöpft in´s Bett zu fallen.

Das ist ein Marathon, den keiner aushalten kann, der Beziehungen kaputt macht, der Kinder
kaputt macht, weil sie das Gefühl haben nur noch zu stören, eine Belastung zu sein. Dazu
kommen finanzielle Sorgen, Sorgen um die Großeltern usw.

So geht es nicht weiter!

Wie kann es sein, dass Altenpflegeeinrichtungen wieder besucht werden können, also eine
Öffnung zu der am höchsten gefährdetsten Gruppe der Gesellschaft und unsere Kinder, die
das ganze Thema fast überhaupt nicht betrifft, sitzen weiter vereinsamt, unbeschult und
ungefördert zu Hause? Natürlich wollen wir das Menschen in Pflege, oftmals vielleicht
dement und auch massiv unter dieser Situation leidend, wieder ihre Familien sehen können.
Aber das gleichzeitig unsere Kinder gar nicht gesehen werden und wie gesagt, wenig
betroffen sind – diese Logik erschließt sich mir nicht.

Warum spielt eine Bundesliga, eröffnen Restaurants, Läden, etc. und nochmal und nochmal
UNSERE KINDER SITZEN ZU HAUSE??!

Hier einige Erfahrungsberichte von #CoronaEltern und #ElterninderKrise aus den letzten
Wochen:

Mareice Kaiser
@Mareicares 16. Apr.
Was machen eigentlich Eltern, die nicht mehr können? Ich frage für, nun ja, fast alle, die ich
so kenne.

Sie schreibt selbst: Hab vorhin ein berufliches Telefonat geführt, während das 7-jährige Kind
mir »langweilig« schreiend das Telefon aus der Hand reißen wollte und überlege nun, wann
ich eigentlich mal Zeit zum Schreien habe. Und Raum.
Caroline Turzer

@cturzer 16. Apr.
Ich habe mich gestern heulend auf den Küchenboden gelegt. Meine Zweijährige hat meinen
Rücken gestreichelt und der Sechsjährige meinen Kopf. Hat etwas geholfen.

Ve Rena
@Nerderena
Die sagen ‚Naja, muss irgendwie, hab ja keine Wahl‘ und schlafen nachts nicht, weinen unter
der Dusche, haben jeden Tag Kopfweh, essen zu viel oder garnichts und ihr schwarzes Loch
wird täglich tiefer, während der Glitzer, den manchmal jmd. runter geworfen hat jetzt verboten
ist.
…und lesen in ihren paar freien Minuten, die sie in Internet verbringen, dann Kommentare
durch, in denen Leute wissen, dass sie ihre Kinder nicht lieben, sonst wären sie ja nicht so
fertig nach ein bissl mehr Zeit zusammen.

Shermin Arif
@Magic_Cauldron
Weitermachen. Wer soll denn kommen und irgendwie helfen? Mir fällt da keine Lösung ein.
Leider.

@kackerina, 16. Apr.
@Mareicares
Ich wünsche mir täglich, meistens nach dem Nervenzusammenbruch, dass ich das irgendwie
überstehe. Ich liebe meine Kinder, aber der Zustand setzt uns schon sehr zu.

Diese Liste lässt sich immer weiterführen. Einerseits tut das gut – puh ich bin nicht alleine
mit meinen Nöten – aber wir hier wollen heute auch handeln, wir haben mit unserer Gruppe
Eltern initiativ – #Eltern in der Krise endlich die Möglichkeit gemeinsam unsere Stimme zu erheben
und gemeinsam die Politik immer und immer wieder aufzufordern uns und unsere
Kinder nicht im Stich zu lassen! Also, macht mit, schreibt an unsere Politiker, schließt Euch
uns an!

Rede als PDF.